Buchvorstellung 2018

Zum 70sten Jahrestages des Staates Israel haben wir in der Buchhandlung Storm am 22.8.2018 neu erschienene Bücher israelischer Autoren vorgestellt. Hier unten geben wir für jedes Buch den Klappentext an und eine kurze persönliche Bewertung desjenigen Vorstandsmitgliedes der DIG Bremen/Unterweser e.V., welches das Buch vorgestellt hat. Es lohnt sich, die Bücher zu lesen und auch zu verschenken.

 

Aharon Appelfeld: Meine Eltern

Klappentext

August 1938: Am Ufer des Flusses Prut in Rumänien versammeln sich die Sommerfrischler, überwiegend säkularisierte Juden, darunter ein Schriftsteller, eine Wahrsagerin, eine früher mit einem Christen liierte Frau, die nun auf Männerschau ist. Auch der zehnjährige Erwin und seine Eltern sind hier, doch das Kind spürt, dass etwas anders ist: Hinter den Sommerfreuden, den Badeausflügen und Liebeleien geht die Welt, die alle kennen, zu Ende. Einige reisen früher ab, andere verdrängen die Nachrichten aus dem Westen. Spannungen bleiben nicht aus, auch nicht zwischen den Eltern, der Mutter, die Romane liest, an Gott glaubt und an das Gute, und dem Vater, dem Ingenieur, der alles rational und pessimistisch sieht. Als die Familie in die Stadt aufbricht, überfällt Erwin die Furcht. In der Schule wurde er geschlagen und als 'Saujude' beschimpft - und er beginnt zu ahnen, dass an den unterschiedlichen Haltungen seiner Eltern noch viel mehr hängt: die Zukunft, das Überleben.

Roman. Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. 

Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2017.ISBN 9783737100311. Gebunden, 272 Seiten, 22,95 EUR

Kurzbewertung Hermann Kuhn: Appelfeld führt uns in seinem letzten Roman wieder in die Häuser seiner Kindheit, in den letzten Sommerurlaub 1938 am Fluss Pruth in den Karpaten, der aus der Sicht des zehnjährigen Erwin erzählt wird. Die dunklen Wolken ziehen sich immer dichter über der jüdischen Gemeinschaft zusammen. Eine wunderschöne Liebeserklärung an seine Eltern und "seine Leute" insgesamt.



 

Amos Oz: Jesus und Judas. Ein Zwischenruf.

Klappentext

In diesem Essay über "Jesus und Judas" erzählt der weltbekannte israelische Schriftsteller Amos Oz, wie Jesus für ihn von Kindheit an zu einer Art Begleiter wurde. Geboren in Jerusalem, wurde Amos Oz dazu erzogen, von Kirchen und Kruzifixen den Blick abzuwenden, weil "dieser Mann" so viel Unheil über das jüdische Volk gebracht habe. Der Bruder seines Großvaters, der berühmte Religionswissenschaftler Joseph Klausner, mahnte dagegen den Knaben: "Wenn du an einer Kirche oder einem Kreuz vorübergehst, schau hin, schau genau hin, denn Jesus war einer von uns, einer unserer größten Lehrer, einer unserer größten Visionäre." Amos Oz geht den neutestamentlichen Berichten über Jesu nach und stößt auf die Geschichte vom Verrat des Judas. Sie wird für ihn zum Skandal. In der Erzählung von Judas erkennt er "das Tschernobyl des christlichen Antisemitismus" und den Beginn und die Gründungslegende einer unheilvollen zweitausendjährigen Geschichte. Wer war Jesus, wer Judas? Ein engagierter persönlicher Blick!

Übersetzt aus dem Englischen von Susanne Naumann
Mit einem Nachwort von Walter Homolka.

Patmos Verlag; Auflage: 2 (22. März 2018). ISBN 978-3843610513. Gebunden, 96 Seiten, 12 EUR

Kurzbewertung Brigitte Olk-Koopmann: Das kleine gut zu lesende Büchlein “Jesus und Judas. Ein Zwischenruf” von Amos Oz ist sehr zu empfehlen, weil es einen sehr persönlichen Umgang mit einem – für einen Juden – schwierigen Thema beinhaltet. Dieses ist “Ausdruck einer neuen Freiheit und eines neuen Selbstbewußtseins” innerhalb des Judentums – so der Rabbiner Walter Homolka in seinem Nachwort.


 

 

Mira Magén: Zuversicht.

Klappentext

»Ich mag Mira Magén immer, aber diesen Roman von ihr liebe ich am meisten!« Mirjam Pressler

Nava ist 39, als sie ihre Karriere als Innenarchitektin aufgibt, um als Kassiererin in einem Supermarkt zu arbeiten und sich in einem Seniorenwohnheim einzumieten. Ist sie verrückt? Nein. Nava hat ihren Mann und ihren kleinen Sohn durch einen Unfall verloren. Und mit aller Kraft, die ihr geblieben ist, will sie sich jeder Zukunft verweigern. Doch so sehr sie sich verschließt, sie zieht Menschen magisch an: Ein krisengebeutelter Kollege schüttet ihr sein Herz aus, die Alten, ihre neuen Nachbarn, wollen ihre Freundschaft, und da sind Männer, die sie verehren und schließlich – zu ihrer Überraschung – ihre Begierde wieder wecken. Den Schlüssel zu ihrer Seele aber hat Hanan, ihr Bruder, der Tischler, der auf ungewöhnliche Weise alles daransetzt, sie zurückzuholen in den Fluss des Lebens.

Roman. Übersetzung von Miriam Pressler. dtv Verlagsgesellschaft (9. März 2018)

ISBN-13: 978-3423281515. Gebundene Ausgabe: 432 Seiten, 24 EUR

Kurzbewertung Kirsten Kappert-Gonther: Mira Magéns jüngstes Werk „Zuversicht“ ist ein Roman über das Unglück und das Glück, über das Scheitern und Wiederaufstehen, über Liebe und Gewalt, über das Alter und die Jugend - ein Buch über das Leben.

 

 

Tom Segev: Ben Gurion. Ein Staat um jeden Preis.

Klappentext

Er ist eine der großen politischen Gestalten des 20. Jahrhunderts: David Grün, geboren 1886 im Russischen Reich, der sich seit seiner Ankunft in Palästina 1906 Ben Gurion nannte. Schon früh engagierte er sich für den Zionismus und die Unabhängigkeit eines jüdischen Staates in Palästina. Als er 1948 schließlich den neuen Staat ausrief, setzte er die Interessen Israels um jeden Preis durch, nicht zuletzt auf Kosten der Palästinenser, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Der international renommierte Journalist und Bestsellerautor Tom Segev ("Die siebte Million") widmet sich in seiner großen Biografie dem Leben und Wirken des Gründers des Staates, der aus Palästina hervorgegangen ist - und erzählt zugleich eine Weltgeschichte Israels im 20. Jahrhundert.

Biografie. Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama.

Siedler Verlag, München 2018. ISBN 9783827500205. Gebunden, 800 Seiten, 35,00 EUR

Kurzbewertung Widu Wittekindt: Wer den Zionismus, die Enstehung Israels und seine prägensten Figuren kennen lernen will, muss dieses großartig zu lesende, historisch hochspannede Werk von Tom Segev lesen.

 

 

Assaf Gavron: Achtzehn Hiebe

Klappentext:

Alles begann mit den Liebesgeschichten zwischen zwei britischen Soldaten und zwei jüdischen Mädchen im Palästina des Jahres 1946.

Eitan Einoch ist Taxifahrer im heutigen Tel Aviv. Als junger Mann machte er Karriere in der Hightech-Branche, dann hat er innerhalb einer Woche drei Terroranschläge überlebt und wurde kurzfristig berühmt. Nun, zehn Jahre später, ist er geschieden, fiebert den Tagen entgegen, an denen er seine Tochter sehen darf, geht an zwei Abenden die Woche zum Boxen und unterhält seine Fahrgäste. Doch alles ändert sich, als er den Auftrag bekommt, eine charmante alte Dame täglich zum Friedhof zu fahren. Die Lebensgeschichte von Lotta Perl fasziniert ihn, und jeden Tag erfährt er ein bisschen mehr über ihre große Liebe zu dem britischen Soldaten, den sie gerade begraben hat, und über das Leben in Palästina kurz vor der Gründung des Staates Israel. Als Lotta plötzlich spurlos verschwindet, will Eitan herausfinden, was geschehen ist, jetzt, in Tel Aviv, und damals in Haifa …

Roman. Übersetzung Barbara Linner.

Luchterhand Literaturverlag (26. Februar 2018). ISBN-13: 978-3630875637.

Gebundene Ausgabe: 416 Seiten, 22 EUR

Kurzbewertung Hermann Kuhn: Wir begleiten einen Taxifahrer durchs alltägliche Chaos von Tel Aviv und bei der Aufklärung einer Geschichte von Liebe und Rache und Verbrechen, die ihren Ursprung in der britischen Mandatszeit 1946 hat. Liebe und Hass haben 60 Jahre in der Ferne überlebt, aber jetzt noch einmal bei den über Achtzigjährigen!

 

 

Amos Oz: Liebe Fanatiker - Drei Plädoyers.

Inhalt

Von Fanatikern geht gegenwärtig die größte Gefahr aus auf dem gesamten Globus – als Terroristen führen sie Krieg gegen bestimmte Gruppen wegen deren Glaubens oder Hautfarbe, als Selbstmordattentäter ermorden sie wahllos Einzelne um ihren Glauben zu bezeugen und/oder wegen medialer Aufmerksamkeit.

Amos Oz, aufgewachsen in Jerusalem, zum Schriftsteller geworden in einem Kibbuz, in der »Peace-Now« aktiv, ist aufgrund seiner persönlichen Erfahrung zu einem »Fachmann für vergleichenden Fanatismus« geworden: in seinen Büchern lotet er dessen Abgründe aus, als Kommentator bekämpft er sie politisch, als Betroffener stellt er sich und anderen die Frage, wie man zum Fanatiker werden kann.

Die drei Essays dieses Bandes stammen also weder von einem Forscher noch von einem Experten, sie beruhen auf der existenziellen Betroffenheit des Autors, seiner Erfahrungen im täglichen Umgang wie in der Analyse des Geschehenen und Geschehenden. Sie erheben weder den Anspruch, alle Details des Streits zu beleuchten, noch alle Facetten abzubilden, am allerwenigsten darauf, das letzte, das abschließende Wort, kurz: recht zu behalten: Das Ziel dieser Plädoyers besteht darin, mit ihnen bei jenen auf Aufmerksamkeit zu stoßen, die anderer Meinung als ich, also Fanatiker, sind.

Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Erschienen: 12.03.2018
Klappenbroschur, 143 Seiten, 18 EUR
ISBN: 978-3-518-42802-3

Kurzbewertung Luise Scherf: "Sowohl Israelis als auch Palästinenser haben das Recht, in diesem Land zu wohnen - aber nicht allein." Diese Ein- oder Ansicht beleuchtet Oz von vielen Seiten, das ist richtig spannend zu lesen!

 

 

Richard C. Schneider: Alltag im Ausnahmezustand. Mein Blick auf Israel.

Klappentext

Innerlich zerrissen und von außen bedroht: Wie sieht Israels Zukunft aus? - Einer der besten Kenner des Landes berichtet

»Alltag im Ausnahmezustand« ist das Porträt eines Landes, das hin- und her gerissen ist zwischen Normalität und Ausnahmezustand, zwischen Konsum und Krieg, zwischen der Sehnsucht nach Frieden und dem Bedürfnis nach Sicherheit.

Richard C. Schneider bereist als Journalist seit über 30 Jahren den Nahen Osten und war von 2006 bis 2015 als Leiter und Chefkorrespondent des ARD-Studios Tel Aviv verantwortlich für Israel und die palästinensischen Gebiete. In seiner Analyse konzentriert er sich vor allem auf die komplexe und komplizierte Entwicklung der israelischen Gesellschaft in den vergangenen Jahren. Zwischen Hightech-Hub und religiösem Fundamentalismus droht die israelische Gesellschaft in jeder Richtung extremer und radikaler zu werden, nicht zuletzt auch durch die Bedrohungen von außen.

Deutsche Verlags-Anstalt (19. März 2018). ISBN-13: 978-3421043290

Gebundene Ausgabe: 304 Seiten, 20 EUR

Kurzbewertung Till Schmidt: Richard C. Schneider versteht sich als teilnehmender Beobachter, der ständig hin und her springt in seinem Blick auf Israel. Auch im neuesten Buch zu den aktuellen Entwicklungen trifft argumentative Abwägung auf eine politisch liberale, zionistische Haltung. Das zeigt sich bei den verschiedensten Themen, die von der terroristische Gefahr und dem israelischen Umgang damit, über die Unsichtbarkeit von PalästinenserInnen im israelischen Alltag und die Besonderheiten deutscher Nahost-Berichterstattung bis hin den zentralen Konfliktlinien der israelischen Gesellschaft reichen. Lesenswert!

 

 

Eshkol Nevo: Über uns.

Klappentext

Ein Haus, drei Etagen und jede Menge Geheimnisse

Arnon und Ayelet haben seit der Schwangerschaft Probleme mit dem Sex. Damit die Dinge wieder ins Lot kommen zwischen ihnen, passen Ruth und Hermann, das reizende ältere Ehepaar von nebenan, gern auf ihre kleine Tochter auf. Ein Stockwerk drüber hadert Chani Doron, die »Witwe« (ihr Mann ist ständig auf Geschäftsreise), mit ihrem Leben und Dvorah Edelman, ehemalige Richterin und tatsächlich verwitwet, träumt in der obersten Etage nachts davon, ihr Über-Ich werde amputiert. Lügen und Selbsttäuschung durchdringen Alltag und Familienleben. Nevo wirft Licht in die dunklen Winkel der menschlichen Natur und ist seinen Figuren zugleich mitfühlender Freund. Einfach davonkommen aber lässt er sie nicht ...

Roman. Übersetzung aus dem Hebräischen von Markus Lemke

dtv Verlagsgesellschaft (12. Januar 2018). ISBN-13: 978-3423281317

Gebundene Ausgabe: 320 Seiten, 22 EUR

Kurzbewertung von Gudrun Wittekindt: Ich empfehle dieses Buch, weil ich es so lebensnah finde. Jeder hat in seinem Freundes- und Bekanntenkreis Menschen mit Problemen, die sie versuchen, auf unterschiedlichste Weise zu klären. Nevos Etagen-Geschichten sind absolut nicht israelspezifisch und könnten auch bei uns so geschehen.